Bereitschaftssiedlung – Bereit? 2022
Das Skulpturenmuseum Marl hat zusammen mit der jungen Medienkünstlerin Anne Arndt zu einer Instandhaltungsperformance im Stadtraum von Marl eingeladen. Bereits seit Anfang des Jahres setzt sich die Künstlerin im Rahmen des Projektes Stadtbesetzung des Kultursekretariats NRW intensiv mit der Stadtgeschichte auseinander, untersucht Straßenzüge und sammelt Geschichten der Marler Bevölkerung. Hierbei stieß die gebürtig aus Schwerin stammende Künstlerin auf mehr als 20 eiförmige Betonbunker im innerstädtischen Bereich. Die sogenannten Marler Eier boten während des zweiten Weltkrieges Zuflucht für jeweils bis zu 10 Personen, die um das ehemalige Zechengelände sowie dem heutigen Chemiepark Marl wohnten. Bereits seit 2017 arbeitet Anne Arndt an dem Projekt One Man Bunker und spürt hierfür vor allem kleinere Schutzzellen aus Kriegszeiten auf, welche auf Grund der begrenzten räumlichen Kapazität stets auch auf eine gesellschaftliche Selektion verweisen. In Marl haben sich all jene Bauten in den alltäglichen Blick integriert und gehören – bewusst oder unbewusst – zum allgemeinen Stadtbild dazu.
Mit ihrer Instandhaltungsperformance holte Anne Arndt die Splitterschutzzellen zurück ins Gedächtnis und ludt zu einer kollektiven Erfahrung zwischen Gegenwart und Vergangenheit ein, so befreite die Künstlerin einen der vergessenen Bunker vom Schmutz der letzten Jahre und machte das vermeintlich Unsichtbare sichtbar: ungewöhnliche Formen, harter Beton und eine allgemeine Unzugänglichkeit. Mit der Instandhaltungsperformance hinterfragt Anne Arndt historische Gegenmodelle zu neuen Konzepten des städtischen Zusammenlebens wie der aktuell diskutierten Caring City und verhandelt in ihrer Performance das Verhältnis von Körper, Architektur und reproduktiver Arbeit. Interessierte Personen waren eingeladen, das Geschehen zu dokumentieren und damit Teil eines offenen Diskurses zu werden.
Der Titel Bereitschaftssiedlung Bereit? bezieht sich auf gegenwärtige Formen der Katastrophenvorsorge, welche vor allem die kontrovers diskutierte und männlich dominierte Prepper-Szene pflegt. Zuletzt rutschte die Diskussion um eine persönliche und staatliche Infrastruktur zum Schutz der Gesellschaft wieder stärker in den Fokus und lässt Fragen zu einer allzeitigen Bereitschaft, damals wie heute, offen. – Luise Klonowski
Together with the young media artist Anne Arndt, the Skulpturenmuseum Marl has invited visitors to a maintenance performance in the urban space of Marl. Since the beginning of the year, the artist has been working intensively on the city’s history as part of the project Stadtbesetzung of the Kultursekretariat NRW, investigating streets and collecting stories from the people of Marl. In the process, the Schwerin-born artist came across more than 20 egg-shaped concrete bunkers in the inner-city area. During the Second World War, the so-called Marler Eier (Marl Eggs) provided shelter for up to 10 people each, who lived around the former coal mine site and today’s Marl Chemical Park. Anne Arndt has been working on the One Man Bunker project since 2017 and is mainly tracking down smaller shelter cells from wartime, which, due to their limited spatial capacity, always refer to a social selection. In Marl, all these buildings have integrated themselves into the everyday view and are – consciously or unconsciously – part of the general cityscape.
With her maintenance performance, Anne Arndt brought the splinter shelters back into memory and invited us to a collective experience between the present and the past. The artist freed one of the forgotten bunkers from the dirt of recent years and made the supposedly invisible visible: unusual shapes, hard concrete and general inaccessibility. With the maintenance performance, Anne Arndt questions historical counter-models to new concepts of urban coexistence such as the currently discussed Caring City and negotiates the relationship between body, architecture and reproductive labour in her performance. Interested people were invited to document the event and thus become part of open discourse.
The title Bereitschaftssiedlung Bereit? refers to current forms of disaster preparedness, which are cultivated above all by the controversially discussed and male-dominated prepper scene. Recently, the discussion about a personal and state infrastructure for the protection of society has slipped back into focus and leaves open questions about an all-time preparedness, then as now.